Der Spindling kommt zurück

Spindling ist eine alte Obstsorte, eine Pflaumenart. Der Weidenberger Spindling ist ein regionale Ableger davon, der früher Bestandteil der Streuobstwiesen rund um Weidenberg war. Doch bei den Bürgern in und um Weidenberg geriet immer mehr in Vergessenheit, welche Besonderheit in ihren Gärten schlummert.

Bis sich der Landschaftspflegeverband Weidenberg um den Fortbestand der vom Aussterben bedrohten Obstsorte sorgte. 2008 wurde der Spindling sogar Bayerns Ureinwohner des Jahres.

Der Landschaftspflegeverband fand mit Hermann Schiller aus Döberschütz auch jemanden, der sich um die Zucht der Bäume mit ihren aromatischen gelben Früchte kümmert. Er hatte in seinem Garten fünf oder sechs Stück stehen und zeigte Interesse daran, etwas für den Fortbestand der Jahrhunderte alten Art zu sorgen.

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Spindlingsetzlinge von Herrn Hermann Schiller
Alte Obstsorten liegen dem Döberschützer Hermann Schiller am Herzen. Besonders kümmert er sich um den Weidenberger Spindling und will durch die Zucht das Fortbestehen der regionalen Obstart sichern. Foto: Judas

„Ich habe dann versucht, die zu vermehren“, erinnert sich Schiller. Dass sich der Spindling über Wurzelvermehrung züchten lässt, war bekannt. Sprich: vom Wurzelwerk eines Baumes wird ein Stück entfernt und eingetopft und damit ein neuer Baum gewonnen. Doch Erfahrung gehört schon dazu. Bei Schilling im Garten stehen jetzt jedenfalls nicht nur seine alten Bäume, sondern auch Töpfe mit Setzlingen verschiedener Größe herum „Weidenberger Spindling aus Seybothenreuth“, scherzt er.

Seit er für den Pflegeverband die Zucht übernommen hat, kann er sich jedenfalls über Nachfrage nicht beklagen. Eine Frau, die früher einmal in Colmdorf gewohnt hat, nahm sich ein Bäumchen in ihre neue Heimat Ruhrgebiet mit. Das Exemplar mit der weitesten Reise. „Ein Ehepaar, das war aus Freising, hat sich fünf oder sechs Stück geholt“, so Schiller weiter. Und auch nach Stuttgart gingen schon Setzlinge. Zu Forschungszwecken wurden zudem durch den Landschaftspflegeverband mehrere junge Bäume an verschiedene Unis vermittelt. Wer einen Baum haben will, der muss sich an Schiller wenden. Denn: „Man kann den Spindlingsbaum nicht in der Baumschule kaufen“, wie er weiß. Es ist schon eine Rarität, die er da züchtet.

Schiller kann auch gut darlegen, weshalb der Spindling außer Mode kam. Die Bäume setzen auch schon einmal ein Jahr aus und tragen gar keine Früchte. Außerdem müssen die Früchte nach der Ernte zügig verarbeitet werden. „Die Früchte werden Anfang bis Mitte August reif“, erläutert er weiter. Das verträgt sich einfach nicht mit Intensivnutzung.

Und da er nicht nur Bäume züchtet, sondern auch im Gemeinderat saß, kam ihm zum Abschied eine Idee. „Nachdem ich die Bäume vermehre, habe ich gedacht, ich spende jedem einen Baum“. „Ich wollte der Gemeinde zum Abschied einfach ein kleines Geschenk machen.“ Denn fünf Gemeinderäte, neben ihm selbst noch Günther Fischer, Ingrid Herrmann, Bernd Zimmermann, und Karl Kauper scheiden aus, ebenso wie Bürgermeister Hans Unterburger aufhört. Und einen Baum erhielt auch noch Nachfolger Reinhard Preißinger. Am Nachmittag vor der letzten Sitzung wurden am Ortseingang von Seybothenreuth nun insgesamt sieben Bäumchen gepflanzt. „Mit lebenslanger Garantie“, wie Schiller lachend versprach. Denn nach seiner Erfahrung wachsen bis zu 40 Prozent der gepflanzten Spindlingsbäume gar nicht an. „Es ist kein Gag. Wir wollen die alten Sachen pflegen“, betont Schiller.

Denn die Aktion zum Abschied soll auch eine Botschaft sein: „Der neue Gemeinderat möchte das auch schätzen lernen. Nicht nur an Politik denken, auch an die Natur.“ Das will Hermann Schiller den Nachfolgern auf jeden Fall noch mitgeben.

Geschrieben: ju | Nordbayerischer Kurier